Klassifikationssysteme und Typologien
von Lehr- und Lernsystemen
Klassifikationssysteme für Lernsoftware
1. Klassifikationssysteme für Lernsoftware
Eine Kategorisierung der Lernsoftware kann nach vielfältigen Kriterien erfolgen, u.a.
- nach den Lernzielen
- nach den Lerninhalten
- nach den Interaktionsformen
- entsprechend der verwendeten Lehr-/Lernstrategien bzw. der zugrundeliegenden lerntheoretischen Modellen
In jeder Lernsoftware schlägt sich ein theoretisches Lernmodell nieder - egal ob explizit von den Autoren beabsichtigt - oder nicht:
- in der Auswahl des Themas
- in Aufbau und Struktur der Software
- in der Gestaltung der Benutzeroberfläche oder
- in den Werkzeugen zur Entwicklung der jeweiligen Lernsoftware
(bestimmte Autorensysteme eignen sich für die Implementierung ganz bestimmter Modelle mehr oder weniger) - aufgrund des Anforderungs- /Voraussetzungsniveau der Lernenden,
also deren Lern-/Entwicklungsstufe (Anfänger, Fortgeschrittene, Altersstufen, Schulstufe) - entsprechend der sozialen Lernsituation (Schule, außerschulischer Bereich, z.B. Familie)
- nach den materiell-technischen Rahmenbedingungen (Kosten, Hardwarevoraussetzungen, Betriebssystem)
2. Beispiele für verschiedene Klassifikationsmodelle
Klassifikation nach der didaktischen Konstruktion
(nach Gloor 1990)
- Drill & Practice
- Tutorials
- Lernspiele
- Simulationen
Klassifikation nach dem Grad der Lernkontrolle
(nach Ferguson 1992)
- Drill & Practice
- Tutorials
- Parameter Based Simulations
- Micro Discovery Activities
- IST's - Microworlds
- Programming Enviroments
- Application Tools
Klassifikation nach der Zielsetzung
(Lernziele)
- Lernprogramme / Kurse / Tutorielle Software
- Einführen in neue Wissensbereiche innerhalb eines gezielten Lernbereiches
- Anbieten von Informationen, Erläuterungen, Übungsmöglichkeiten und
- gezielte Abfragen, um das gelernte Wissen zu überprüfen
- im allgemeinen gibt es eine didaktisch-methodische Planung und eine empfohlene Reihenfolge
- Übungssoftware / Testsoftware
- ein begrenzter Lernstoff wird - durch wiederholte Übungsaufgaben intensiv geübt
- bei Bedarf werden Korrekturen, Erklärungen und weitere Informationen gegeben
- Tätigkeit der Lehrkraft kann vollständig vom Computer übernommen werden
- Drill & Practice: Programme zum automatisierten Üben und Auswendiglernen
- multimediale Lern-Spiele: Lernspiele kombinieren spielerische Elemente (Motivation !) und vielfältige Übungen in einem ausgewogenen Verhältnis
- Testprogramme: Erfolgskontrolle
- Multimediale Informationssysteme / Sammlungen
- großes multimediales & aktuelles Informationsangebot (Ton, Standbild, Animation, Videosequenzen, Tabellen und Texte)
- gezielte Informationssuche ist möglich, Selbstbestimmung der eigenen Zielsetzung, meist keine Abfrage von erlerntem Wissen, kein "Leitfaden" innerhalb des Programmes, meist keine expliziten Lernziele
- Simulationsprogramme / Modellbildung
- Sammlung von Erfahrungen in meist komplexen Prozessabläufen (in der Realität zu teuer, zu zeitaufwendig oder zu gefährlich)
- Visualisierung / Präsentation komplexer Sachverhalte / Vorgänge
- vereinfachte Darstellung komplexer oder schwer zugänglicher Vorgänge / Objekte als nachgebildete Modelle der Realität oder fiktive Mikrowelten
Klassifikation nach den Phasen bzw. Stufen des Lehrprozesses
(nach Alessi/Trollip 1991)
...im Sinne des darstellenden....führenden....erarbeitenden Lehrens
- Präsentation von Information
- Faktenwissen vermittelt
- Demonstration / Modelle für Verdeutlichung von Sachverhalten
- Darbietung typischer Beispiele
- Erklärungssysteme, passive und aktive Hilfen,
- Hypertextsysteme, Informationssysteme (Lexika...)
- Führung des Lernenden
- Feedback vom Lernenden (Aufmerksamkeits-, Verständnis-, Überblicks-, Zusammenhangsfragen): z.B. Tutorials
Anwendung des Gelernten (= entdeckendes, exploratives Lernen)
- Simulationen, Mikrowelten
Beurteilung des Lernerfolges
Klassifikation nach Interaktionsmethoden
(nach Bodendorf 1990)
- Hilfe (Lernen durch Hinweis)
- Passiver Tutor (selbsgesteuertes Lernen)
- Traininig (Lernen durch Übung)
- aktiver Tutor (angeleitetes Lernen)
- Simulation (entdeckendes Lernen)
- Spiel (unterhaltendes Lernen)
- Problemlösung ("learning by doing")
- intelligenter Dialog (sokratisches Lernen)
Typologie von Lernsoftware mit Hilfe der Parameter Lernerinitiative & Systemflexibilität.
Nach Lernerinitiative:
- LI gering..... z.B. Übungs- und Testsysteme
- LI hoch........ z.B. Simulationen / kooperative Systeme
Variationen der LI sind möglich hinsichtlich: Zeitpunkt, Zeitdauer und Tempo
Dabei sind 3 grundlegende Interaktionsstile zu unterscheiden:
- Systemgesteuert
- die Dialogschritte werden vom System vorgezeichnet
- der Lernende ist passiv bei der Informationsaufnahme
- der Lernende reagiert auf Anfragen und Vorgaben des Systems
Bsp: Erklärungs-, Übungs-, Testprogramme
- Lernergesteuert
- der Lernende kann frei aktiv nach seinen Vorstellungen handeln, sich im System bewegen, dieses manipulieren
- der Computer reagiert auf Eingaben und Befehle, führt Funktionen aus, gibt Feedback
Bsp: Simulationen, Mikrowelten, Planspiele, Problemlösungen- gemischt-initiativ
- Lerner und System übernehmen sowohl aktive als auch reaktive Rollen
Bsp.: Simulationen, Spiele
- Nach Systemflexibilität
- SF gering...... z.B. passive Hilfen
- SF: ...hoch z.B. ITS (intelligente tutorielle Systeme), mit Benutzermodellen (-profilen), natürlicher Sprach-E/A
- SF: sehr hoch z.B. Mikrowelten
freies Erforschen komplexer Zusammenhänge
Die Flexibilität des Systems (der Lernsoftware) ist u.a. gekennzeichnet durch- die Breite des Spektrums an unterschiedlichen Informationen und Aktionsmöglichkeiten in bestimmten Dialogsituationen
(z.B. Varianten der Präsentation bzw. spezifischen Interaktionsformen für Einüben / Anwendung / Überprüfung - Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des Lernenden
geringe Flexibilität:- anzeigbare Informationen und verfolgbare Wege sind vorgegeben
- reproduktiv, d.h. vorgefertigte Elemente werden an vorstrukturierten Stellen angeboten
- nur vordefinierte Aktionen bzw. Reaktionen möglich
hochflexibel- generativ, d.h. abhängig von der konkreten Dialogsituation und dem aktuellen Verhalten des Lernenden werden adäquate Informationen bzw. passende Funktionen angeboten
- adaptiv dem Lernenden angepasst - seinen Vorkenntnissen, seinem Verhalten, seinen Zielen