Merkmale des Gruppenunterrichts

Prozessorientierung

Die unterrichtspraktische Konkretisierung des Gruppenunterrichtes hängt wesentlich davon ab, ob man Prozessorientierung oder Produkt- bzw. Ergebnisorientierung beim Arbeiten in der Gruppe bevorzugt. Im Gegensatz zur betrieblichen Teamarbeit, die primär ergebnisorientiert ist, muss/sollte Gruppenunterricht in der Schule immer auch unter dem Blickwinkel der stattfindenden Interaktionen gesehen werden. Die besondere (gruppen-)pädagogischen Dimension dieser Sozialform ist mittlerweile anerkannt und spiegelt sich u.a. in den neuen Richtlinien des Landes Brandenburg wider (s. Rahmenlehrpläne, Sek.I-VO)

Theoretisch wies bereits Wolfgang Klafki (1992b, S.10) darauf hin:
"Das bisher dominierende Leistungsverständnis in unseren Schulen ist vorwiegend "ergebnisorientiert" bzw. "produktorientiert" Es zielt auf die Forderung und die Zensierung vergegenständlichter oder abfragbarer Resultate der Lernanstrengungen des Schülers. Dieser produktorientierte Leistungsbegriff muss erweitert und relativiert werden durch die Betonung von Leistungen in einem dynamischen Sinne, durch Berücksichtigung von geistigen Prozessen: Man denke etwa an den Vollzug von Kommunikation im Unterricht, die Entwicklung einer Kritik- z.B. an einer Argumentation einer Mitschülerin / eines Mitschülers oder der Lehrerin bzw. des Lehrers -, den Vorgang einer mathematischen oder naturwissenschaftlichen Problemlösung usf."
Dass dies neue Methoden der Leistungsbeurteilung nach sich ziehen muss, ist für Klafki selbstverständlich.
Das prozessorientierte Arbeiten findet aber nicht bei allen Lehrern Anklang. Noch haben immer noch die meisten Lehrer selbst als Schüler eine ganz überwiegend ergebnisorientierte Schule kennen gelernt. Auch fehlt ihnen selbst die professionelle Kompetenz, um bei ihren Schülern die notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu fördern oder auszubilden, ohne die selbstständiges Lernen gar nicht möglich ist. (vgl. Pallasch 1992, S.23)

Keine Prinzipienfrage: Produkt- oder Prozessorientierung

Gudjons (1993, S.13 warnt davor, aus der Produkt- bzw. Prozessorientierung eine grundsätzliche Alternative zu machen: "Wird der Akzent ausschließlich auf die Erstellung eines Produktes gelegt, dann verkümmern die Lernchancen auf dem breiten Feld der sozialen Prozesse der Gruppenarbeit. Die schulische Lerngruppe wird unter der Hand zur Produktionseinheit eines Betriebes. Dabei können sich nichtgeklärte Beziehungs- und Interaktionsstörungen kontraproduktiv als Sand im Getriebe erweisen. Wird hingegen die soziale und gruppenpädagogische Ebene einseitig in den Vordergrund gestellt, geraten die Arbeitsziele leicht in Vergessenheit. Aus der Lern- und Arbeitsgruppe wird eine Selbsterfahrungsgruppe, die von der Bearbeitung ihrer Gruppendynamik lebt, statt Sachergebnisse zu produzieren."

© Teachsam

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